Retro 2
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Informationen
Allgemeine Angaben
Besetzung
Rick Wakeman |
keyboards |
Lee Pomeroy |
bass, bass pedals |
Dave Colquhoun |
guitars |
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Tony Fernandez |
drums, percussion |
Jemma Wakeman |
vocals |
Elliot Tuffin |
vocals |
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Tracklist
Disc 1 |
1. |
Chasing the devil
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6:09
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2. |
Expect the unexpected
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4:38
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3. |
Beyond the void
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9:04
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4. |
An angel spoke to me
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5:33
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5. |
The Soundtrack
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7:29
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6. |
The fairground shuffle
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4:34
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7. |
Robert the robot
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3:44
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8. |
Standing room only
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6:20
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9. |
Tigger the bounce
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4:42
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10. |
The temple of life
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11:02
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Gesamtlaufzeit | 63:15 |
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Rezensionen

Neulich sah ich einen englischen Film, in dem der Satz fiel: "Kein Engländer schafft es, einen schlechten Witz zu vermeiden." Dazu fällt mir ein: Kein Keyboard-Wizard schafft es, ein Album aufzunehmen und dabei der Versuchung zu einer ganzen Alben-Serie aus dem Weg zu gehen.
Auf Rick Wakeman trifft das jedenfalls zu: seine Diskographie umfasst mehr als achtzig Alben, und das kommt nicht zuletzt durch seine Neigung, aus allem eine Serie zu machen. Ob es nun die New-Age-Serie war oder die Reihe der "Classical Connections" oder die Königs- und Ritterepen oder seine Aufnahmen von Yes-Coverversionen oder Soundtracks oder die vielen Re-Recordings oder Compilations oder Livescheiben: Bescheidenheit war dabei nie ein angestrebtes Ziel und die Würze in der Kürze nie ein gewolltes Aroma gewesen. Das hat ihn viele Fans gekostet, die bald den Sequel-Selbstzweck durchschauten. Ob sich seine Alben heute noch verkaufen, vermag ich nicht zu beurteilen; ich halte allerdings das Erscheinen des Retro-Sequels nicht unbedingt für ein Indiz dafür, denn Wakemans Neigung zu möglichst vielen Releases ist wahrscheinlich völlig frei von marktstrategischen Überlegungen - das ist einfach seine Natur.
Wer davon nichts mehr wissen will, den kann ich völlig verstehen. Allerdings - und jetzt kommt das, wofür ich schon berüchtigt bin: erst die kritischen Bemerkungen, und dann finde ich doch wieder alles gut (;-) - Wer die Retro-Serie verpasst, der verpasst wirklich was. Ich schreibe aber absichtlich gleich 'Serie', denn wer den ersten Teil kennt, den erwartet auf dem Sequel nichts wirklich Anderes (eigentlich logisch). Wem aber der erste Teil gefallen hat, der wird wahrscheinlich die neue Folge nicht schlechter finden. Auch hier gilt: die Tracks sind kernig, manchmal auch etwas vertrackt, und die Songs sind wirklich welche, die den Begriff 'Song' verdienen. Die Ideen dafür bewegen sich zwar voll und ganz auf bekanntem Terrain, aber es sind immerhin Ideen, die eine Umsetzung wert sind. Hätte Wakeman beide Teile gleich als Doppelalbum herausgebracht, hätte das Ergebnis ähnlich wirken können wie Anno Dazumal sein "Rhapsodies"-Doppelalbum - welches im Ganzen sogar weniger proggig war, aber es war vergleichbar schmissig und ging auch richtig gut ab. Das hat der Rick auch heute noch im Griff - wenn er will. Und er will es vielleicht aus Nostalgiegründen und weil er niemandem mehr neue Tricks vorführen muss. Gerade das könnte dahinter stecken, warum ausgerechnet diese zwei neuen Alben ganz gut sind - sie können es sein, weil sie es nicht sein müssen.
Im Booklet zu "Retro 2" schreibt er etwas zur Entstehung des Sequels: sein Produzent Erik Jordan hatte zum ersten Teil angemerkt: "You know we've only scratched the surface with some of these vintage instruments" und Wakeman hatte geantwortet: "I know, and I've already got loads of ideas too". Dass Rick Wakeman an Oberflächen kratzt, wissen wir ja schon lange (;-), aber der Hinweis auf seine Ideen ist nicht übertrieben.
Deren Umsetzung erfolgte so, dass Wakeman einen 'Basic-Keyboard-Part' schrieb, der genügend Spielraum für Variationsmöglichkeiten in Tempi, Stimmungen und weiteren Instrumentallinien bot. Dieser Track liegt allen Stücken zugrunde und kommt auf dem Album in seiner Rohform mit Piano in Form des Titels "Tigger the bounce" vor. Dieses Material wurde dann in mehreren Studios durch Bass-/Drum- und zuletzt Gitarrenlinien erweitert; außerdem variierte Wakeman seine Grundidee nach und nach durch alle denkbaren Klangfarben mithilfe seiner alten Kisten. Diese Kompositions-Grundstruktur ist aber so facettenreich, dass ihre mehrfache Verwendung nicht beim oberflächlichen Hören auffällt, und wenn man sie entdeckt, wirkt sie eher interessant als störend (mich würde mal interessieren, wie viele andere Progbands genau so arbeiten - bei den vielen Konzeptalben im Prog sind das bestimmt nicht wenige, und letztlich sind ja die klassischen Opernkomponisten auch so vorgegangen, indem sie ihre Opern aus den Themen der Ouvertüren entwickelt haben).
Den Gesang übernimmt auch diesmal wieder Jemma Wakeman - und als Sänger taucht ein (meines Wissens) neuer Name auf, ein gewisser Elliot Tuffin - der ein klein wenig wie der altgediente Ashley Holt klingt (der auf "Retro 1" noch gesungen hatte). Das ist nicht so mein Geschmack, aber wer hört schon Rick Wakeman wegen der Sänger?
Die lohnendsten Tracks des Album sind der Opener "Chasing the devil" (typisch Wakemansche Achterbahnfahrt) und "Beyond the void" - der klingt wie eine Art Spacerock auf einer rostigen Säge gespielt, das heißt, er hat ungewohnte Steinzeit-Keyboard-Effekte. "Robert the robot" könnte fast ein Kraftwerk-Coversong sein, "An Angel spoke to me" ist eine - für Wakeman-Verhältnisse - geradezu tiefgründige Ballade, und "Expect the unexpected" ein gespielter Slapstick-Witz. Etwas schwächer ist "Standing room only" als zu vorhersehbarer Reißbrett-Reißer, und der Schlusstrack "...Temple of life" ist gemessen an seinem musikalischen Inhalt etwas zu lang geraten.
Und wie immer hätte ich mich auch viel kürzer fassen können, in etwa so: Wer das Album haben muss, hat Recht, und wer ihm nichts zutraut, hat wahrscheinlich auch Recht (er verpasst aber trotzdem was ;-)). Ich hab's jedenfalls genossen, aber bevor demnächst "Retro 3" erscheint (und eine Andeutung in der Richtung ist jetzt schon im Booklet zu lesen), wäre es mir lieber, wenn der Rick sich mal für ein Re-Release von "Rhapsodies" stark machen würde: die Rechte dafür hat wahrscheinlich noch immer das alte A&M-Label, aber das bringt ja leider nur Megaseller wie Sting-Police oder Supertramp als Remaster raus. Oder noch ´ne bessere Idee: Ricky nimmt "Rhapsodies" neu auf und nennt es einfach "Retro 3"...! Aber das könnte auch Probleme geben: "Rhapsodies" von 1979 klingt einfach nicht genügend retro...:-(?
Anspieltipp(s): |
Beyond the void; Chasing the devil |
Vergleichbar mit: |
...dem Film "Die tollkühnen Kerle an ihren qualmenden Kisten" (oder wie auch immer der hieß)... |
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Veröffentlicht am: |
9.11.2007 |
Letzte Änderung: |
13.7.2012 |
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